Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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somatoforme Störungen

Der eine lässt mehr seine Seele sprechen, der andere seinen Körper. Beides sind Formen der Kommunikation.

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von funktionellen Störungen, weil die Funktion eines oder mehrerer Körperorgane gestört ist, wobei aber keine strukturellen Veränderungen ursächlich am Organ festzustellen sind. Hauptmerkmal somatoformer Störungen ist das Auftreten körperlicher Beschwerden ohne eindeutig nachweisbaren körperlichen Befund, wobei seelische Konflikte eine wesentliche Rolle spielen. Die körperlichen Beschwerden sind anhaltend und können langandauernd über Jahre hinweg auftreten. Praktisch jedes Organ kann betroffen sein. Es handelt sich nicht um vorgetäuschte Störungen, allerdings werden diese teilweise dramatisiert. Die Betroffenen wollen die Symptome nicht willkürlich erzeugen und sind meist auch fest davon überzeugt, das organische Ursachen vorliegen. Daher kommt es zu oft langjährigen Krankheitsverläufen mit zahlreichen körperlichen Untersuchungen und sogar evtl. Operationen. Trotz negativer Untersuchungsergebnisse bestehen die Betroffenen auf ihrer Erkrankung und weiteren Untersuchungen. Daher sind auch häufige Arztwechsel nicht selten, die Betroffenen sind trotz eingehender Untersuchung von einem org. Defekt überzeugt und eine psychologische Untersuchung erfolgt oft erst nach mehrjähriger Erkrankung.
Stichwort Patientenkarriere !

Die Symptome können in ihrem Ausmass schwanken, verschwinden ohne psychotherapeutische Behandlung aber nur selten. Betroffen sind überwiegend Personen zwischen der Pubertät und dem frühen Erwachsenenalter.
Wichtig ist zu bedenken, das auch somatoform Erkrankte neben dieser Diagnose “normal” körperlich erkranken können. Mit anderen Worten: Jedes neue Symptom ist ernst zu nehmen und auf org. Ursache zu überprüfen, um nicht im Einzelfall eine tatsächlich körperlich bedingte  Erkrankung zu übersehen.
Neben den körperlichen Beschwerden kommt es nicht selten zu psych. Begleitsymptomen wie Erschöpfungszuständen, Reizbarkeit, depressiver Verstimmung, Ängstlichkeit, allgemeiner Unruhe, Schlafstörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten.
Vielfach finden sich auch Anzeichen für depressive-/ Angst- oder Persönlichkeitsstörungen.

Es wird weiterführend unterteilt in:

                                 Somatisierungsstörungen: (Psychosomatosen,
die eigentlichen psychosomatischen Erkrankungen im engeren Sinne):
Charakteristisch sind multiple, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Symptome, die meist bereits über mehrere Jahre bestanden haben. Im Gegensatz zu den dissoziativen Störungen liegen hierbei Reaktionen des Körpers auf seel. Konflikte vor, die oftmals mit einem org. Befund/einer org. Funktionsstörung verbunden sind. Es liegen also objektiv feststellbare Beschwerden oder körperliche Veränderungen vor, die sich aber einer eindeutig organisch feststellbaren Verursachung entziehen. Zum überwiegenden Teil sind Frauen betroffen. Die Diagnose wird oft erschwert durch wechselnde Beschwerden und häufige Arztwechsel, weswegen eine ausführliche über die aktuellen Beschwerden\über das Leitsymptom hinausgehende Anamnese unabdingbar ist.

Historisch gesehen zählen die folgenden Erkrankungen zu den klassischen psychosomatischen Beschwerdebildern: “holy seven” nach Frank Alexander, Psychoanalytiker
-Asthma bronchiale
-Colitis ulcerosa (Entzündungen im Dickdarm)
-Neurodermitis
-essentielle Hypertonie (Bluthochdruck)
-Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
-Polyarthritis (chronische Gelenkentzündung)
-Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür)

In der Praxis ist die Liste der möglichen Erkrankungen aber wesentlich länger, bzw. es gibt keine Negativliste von Erkrankungen, die nachweislich nicht auch psychogen (mit)beeinflusst sein könnten. Auch Viren und Bakterieninfektionen sowie Immunkrankheiten werden inzwischen in die Überlegungen mit einbezogen.

Depressionen und Angst kommen häufig begleitend hinzu, sowie interpersonelle Störungen wie Selbstzweifel oder gesteigerte Selbstunsicherheit. Aus der oft langjährigen Behandlung können Medikamentenabhängigkeiten oder-missbrauch resultieren. Weiterhin besteht durch die langandauernde Erkrankung mit ihren Belastungen für das Umfeld des Betroffenen auch die Gefahr familiärer und sozialer Beeinträchtigungen.
Für eine Diagnose nach ICD 10 müssen
-die Beschwerden über mindestens 2 Jahre anhalten,
-mehrere unterschiedliche körperliche Symptome auftreten
-die Patienten sich weigern, die Erklärung der Ärzte über eine fehlende körperliche Erkrankung anzuerkennen
-die sozialen und familiären Bindungen durch das Verhalten des Betroffenen zumindest beeinträchtigt sein.

Ist die Anzahl der körperlichen Symptome begrenzt, beträgt die Krankheitsdauer noch keine zwei Jahre aber mindestens 6 Monate oder fehlt sonst eine der o.g. Voraussetzungen , spricht man auch von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung. Diese zeichnet sich oftmals durch anhaltende Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Harnwegserkrankungen oder Appetitlosigkeit aus.

                                somatoforme autonome  Funktionsstörung:
(funktionelles Syndrom, psychovegetatives Syndrom)
Diese Patienten gehören oft zu den Problempatienten des Arztes, weil die Beschwerden unspezifisch und breitgestreut sind.
Die häufigsten Beschwerden sind:
Kopfschmerzen,Migräne, Ermüdung-Erschöpfung, Oberbauchbeschwerden, Herzbeschwerden, Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Essstörungen, Schluckstörungen, Schmerzen in Gelenken- Muskeln- Wirbelsäule

Die Beschwerden sind teils objektivierbar wie Erröten, Schwitzen, Zittern oder aber völlig unbestimmt wie Gefühl der Enge, Brennen, Juckreiz, Schwere oder unspezifische Schmerzgefühle. Die Patienten erleben ihre Beschwerden so, als beruhen sie auf einer körperlichen Erkrankung, ein organischer Befund liegt jedoch nicht vor. Mangels org. Befund werden diese Beschwerden oft mit Diagnosen wie “(psycho)vegetative Störung, vegetative Neurose, vegetatives/nervöses Erschöpfungssyndrom, vegetative Dystonie etc.” belegt. 

Es handelt sich um Beschwerden in vegetativ beeinflussten Bereichen, d.h. Vitalfunktionen wie Atmung/Verdauung die nicht willentlich beeinflussbar sind:
-Herz-Kreislauf-System: z.B. Rhythmusstörungen, schnelle Ermüdung-Kraftlosigkeit(Asthenie), Herzphobie
-Magen-Darm-Trakt: Schluckauf, Sodbrennen, Verdauungsstörungen, Magenkrämpfe, Erbrechen
-der Atmungsorgane: Husten, Hyperventilation,
-Urogenitaltrakt: Reizblase, Unterleibsschmerzen


Die somatoforme autonome Funktionsstörung gilt als die häufigste psychosomatische Erkrankung mit Studien bis zu 25 % der Allgemeinbevölkerung. Im Gegensatz zu den Somatisierungsstörungen sind Männer und Frauen etwa gleich betroffen. Oft sind 2 Organbereiche betroffen, wobei ein Beschwerdebereich im Vordergrund steht, aber auch abwechselnd ein anderer Bereich hauptsächlich betroffen sein kann. Vor allem die Variabilität, der Wechsel der Beschwerdebilder über einen längeren Zeitraum bestärkt die Diagnose. Generell ist aber für die Diagnose kein Zeitrahmen für die Dauer der Störung festgelegt.

                                     Hypochondrische Störung

Im Gegensatz zur Somatisierungsstörung liegt der Hauptakzent hier nicht auf den körperlichen Symptomen selbst. Vielmehr steht im Vordergrund die Befürchtung, an einer schwerwiegenden und fortschreitenden Erkrankung zu leiden. Das Wesentliche ist also nicht das tatsächliche Bestehen einer funktionellen Störung, sondern die gedankliche Beschäftigung mit einer evtl. Erkrankung.
Dabei fehlen körperliche Symptome gänzlich oder aber harmlose körperliche Symptome werden im Sinne einer schweren Erkrankung interpretiert.
Hauptsächliches Problem ist hierbei das gestörte Verhältnis des Betroffenen zu seinem sozialen Umfeld und eine durch die Fixierung auf die angebliche schwere Krankheit mangelnde Leistungsfähigkeit auch im beruflichen Bereich. Das Umfeld des Betroffenen wird mit der Krankheit manipuliert und dominiert. Psychotherapeutische Behandlung wird meist abgelehnt, regelmässiger Arztwechsel ist typisch. Die Nichtakzeptanz der Beschwerden als schwerwiegend wird als persönliche Kränkung erlebt.
Hierzu gehört auch die Unterform der Dysmorphobie (körperdysmorphe Störung): die ständige und übermässige Beschäftigung mit einem nicht vorhandenen körperlichen Schönheitsfehler.
                                                                                                                                           
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