Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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Was tun........Ratschläge an die Eltern

Unter den oben beschriebenen Bedingungen ist es natürlich um so schwerer, mit einer derartigen Situation umzugehen. Bricht doch mit der erkannten Essstörung oftmals eine nach aussen heile Welt zusammen, müssen eigene Fehler eingestanden werden. Nachfolgend einige allgemein empfohlene Verhaltensweisen:

  • machen sie keine Schuldzuweisungen, sonst wird die Familie unter den gegenseitigen Schuldzuweisungen noch mehr leiden. Sprechen sie sachlich und vor allem ehrlich über Möglichkeiten, etwas zu ändern. Nehmen sie sich Zeit füreinander.
  • Das eigene Verhalten ändern, Druck wegnehmen. Den Kindern zeigen, das Fehler natürlich sind und nicht Leistung in ihrer Familie über den Wert der Person bestimmt.
  • Sehen sie mal selbst in den Spiegel! Wie ist ihre eigene Einstellung zum Essen?
    Haben sie das Vertrauen ihres Kindes noch,
    wie wird in der Familie mit Problemen umgegangen,
    kennen sie ihr Kind-seine Wünsche-Ängste-seine Freunde wirklich
  • Keine Konfrontation suche, keinen Zwang (zum Essen) ausüben. Das provoziert in der Regel Widerspruch und erreicht das Gegenteil.
  • Streit beim Essen vermeiden. Das gemeinsame Essen soll möglichst ruhig und angenehm verlaufen.
  • Informieren sie sich gründlich über die Erkrankung bei Erziehungsberatungsstellen, Jugendamt oder Selbsthilfegruppen. Versuchen sie nicht, das Problem, wenn es schon so groß ist, alleine zu bewältigen.
  • Behandeln sie ihr Kind jetzt nicht schlagartig anders, wie ein rohes Ei. Nehmen sie ihr Kind nicht als “Essstörung” wahr, sondern als ihr “Kind”.
  • Nicht direkt auf Gewicht, Figur, Essen ansprechen. Besser fragen, wie es geht, wie ihr Kind sich fühlt? Oder: Ich habe den Eindruck, es geht dir nicht so gut.
  • Keine heimlichen vereinbarten Gespräche mit Lehrern oder Freundinnen. Das wäre ein Vertrauensbruch. Es ergeben sich bestimmt wie bisher Gelegenheiten zu Gesprächen, ohne das ihr Kind den Eindruck bekommt, es werde hintergangen.
    Verheimlichen Sie die Erkrankung nicht vor Freunden, Bekannten. Sonst hat die/der Betroffene erst Recht das Gefühl, die Erkrankung selbst verheimlichen zu müssen. Weder dramatisieren( selbst wenn die Situation dramatisch ist) noch das Problem verharmlosen.
  • Sprechen sie offen und sachlich über die Essstörung. Aber auch nicht ständig.
  • Stellen sie die Erkrankung nicht in den Mittelpunkt. Damit erhält auch das Essen einen zu hohen Stellenwert. Versuchen sie ein “normales” Familienleben zu führen.
  • Sprechen sie nicht im Beisein ihres Kindes vor anderen über das Problem, es sei denn, sie haben dies vorher abgeklärt.
  • Sprechen sie nicht abfällig oder beleidigend über Essgestörte, schlanke Modells. Damit beleidigen sie auch ihr eigenes Kind.
  • Sprechen sie Lob und Anerkennung aus. Aber auch nicht übertrieben, zeigen sie echte Gefühle. Zeigen sie Aufmerksamkeit, vor allem für alles was nicht mit der Erkrankung zu tun hat.
  • Bieten sie unaufdringlich und ernsthaft Hilfe an, auch wenn sie abgelehnt wird. Lassen sie sich von abweisenden Antworten nicht entmutigen. Zeigen sie, das immer Gesprächsbereitschaft besteht.

Therapie der Essstörung

Soweit möglich sollte die Behandlung natürlich ambulant erfolgen.
Dabei sind oftmals Hausarzt, Facharzt, Psychotherapeut, Sporttherapeut, Ernährungsberater, stationäre oder Tageskliniken, Selbsthilfegruppen oder  andere Institutionen an der Behandlung beteiligt. Die Therapie gestaltet sich ziemlich komplex und langwierig. Sie kann sich über Jahre erstrecken mit wechselnden Therapien, es besteht ein hohes Risiko für Rückfalle und das chronisch werden der Erkrankung. Neben der psychischen Betreuung ist auch die körperliche Untersuchung und Betreuung vorrangig.

Es ist zu betonen, dass vor allem die Anorexie aber auch die Bulimie im Einzelfall lebensbedrohliche Erkrankungen darstellen. Häufig ist daher eine stationäre Behandlung notwendig, um die/den Betroffenen körperlich wieder zu stabilisieren. Auch bei schwierigen und festgefahrenen Familienverhältnissen, stark eingeschränkter Leistungsfähigkeit und depressiver Verstimmung mit evtl. Suizidgefahr ist in vielen Fällen eine stationäre Aufnahme nötig. Eine geschätzte Sterberate von 10 - 15% bei der Anorexie macht klar, wie wichtig die medizinische Versorgung mit dem Ziel einer Gewichtszunahme am Anfang der Behandlung ist. Als bedrohliches Indiz gilt ein Körpergewicht unter 75% des Normalgewichts. Kompliziert wird die Therapie in vielen Fällen durch fehlende Krankheitseinsicht. Im Einzelfall kann daher auch eine richterliche Zwangseinweisung notwendig sein. 
Zumindest ist am Anfang der Therapie die Aufstellung eines Ernährungsplanes nötig, um die vorhandenen körperlichen Mangelerscheinungen auszugleichen. Dieser sollte soweit möglich mit den geschmacklichen Vorlieben der Betroffenen abgestimmt werden.

Die medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka oder Antidepressiva spielt eine eher nachgeordnete Rolle. Sie werden evtl. begleitend eingesetzt zur Behandlung von Depressionen oder Ängsten in Begleitung der Essstörung. Wesentlich haben Medikamente Bedeutung zur Vorbeugung gegen Rückfälle. Dabei sind die Erfolgsaussichten  medikamentöser Behandlung bei der Bulimie günstiger. Die medikamentöse Behandlung ist auch erschwert durch die körperlich häufig schlechte Verfassung der Betroffenen.

Im Mittelpunkt steht die psychiatrische Behandlung.

Erster und vielleicht einer der schwierigsten Punkte ist die Einsicht der Patienten in die Notwendigkeit einer Therapie. Diese ist Grundbedingung für eine erfolgreiche Therapie.
Essstörungen gelten allgemein als therapeutisch schwer zugängliche Erkrankung mit hohen Rückfallquoten.
Patienten fehlt oft die Einsicht in Schwere und Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung. Daher wird auch von vielen Fällen berichtet, in denen Patienten z.B. durch Wassertrinken eine Gewichtszunahme vortäuschen oder sonstige Tricks anwenden, um eine wirkliche Gewichtsnormalisierung zu verhindern. Von entscheidender Bedeutung ist daher auch ein gutes Vertrauensverhältnis zum Therapeuten. Die Erkrankung ist aus der Sicht der Betroffenen ja nicht Krankheit, sondern Mittel, ihr Leben unter Kontrolle zu bringen. Nimmt man ihnen dieses Mittel ohne Ersatz, verlieren sie diese Kontrolle über ihr Leben, zieht man den Betroffenen den Boden unter den Füßen weg.

Zum Zuge kommen verschiedene Therapien.
Dies können verhaltenstherapeutische oder tiefenpsychologische Maßnahmen sein, Gruppentherapie, Gesprächstherapie oder andere.
Im folgenden einige mögliche Ziele einer therapeutischen Behandlung:

  • ....Neben der eigentlichen Therapie ist es begleitend manchmal nötig, hinzukommende Störungen wie Depressionen, Angst oder zwanghaftes Verhalten zu therapieren.
  • ....Da vor allem bei der Magersucht das Essverhalten als Mittel zur Problemlösung eingesetzt wird, ist es sinnvoll, andere Problemlösungsstrategien einzuüben. Hierzu können z.B. alltägliche Situationen und empfehlenswerte Verhaltensweisen zur Konfliktlösung und Stressbewältigung trainiert werden. Die Betroffenen sollen auch lernen, ihre inneren Spannungen nicht zu verheimlichen sondern offen auszudrücken.
  • ...mit Hilfe von “Essprotokollen besteht die Möglichkeit, den Zusammenhang zwischen Essverhalten, Emotionen, Gedanken, belastenden Umständen und auslösenden Faktoren zu verdeutlichen. Damit besteht die Möglichkeit, Verhaltensweisen für bestimmte Situationen einzuüben.
  • ...In der Therapie sollen Betroffene hinterfragen, inwieweit die Erreichung ihrer persönlichen Ziele mit ihrem Gewicht zusammenhängen und welche Ziele sie haben. Dann werden Wege gesucht, diese Ziele auf anderem Wege zu erreichen. Ziel ist auch die Erkenntnis, das Selbstwertgefühl und Achtung nicht vom Gewicht abhängig sind, zumindest nicht allein. 
  • ....Das Ernährungs- und Bewegungsverhalten muss normalisiert werden. Betroffene sollen gemeinsames Essen z.B. im Rahmen einer stationären Gruppentherapie wieder als angenehm, notwendig und etwas selbstverständliches erleben. Der häufig mit der Störung verbundene Bewegungsdrang soll gemindert werden. Bewegungsreduktion statt exzessivem Kalorienverbrauch. Dabei kann z.B. ein Belohnungssystem aufgebaut werden. Es wird festgelegt, wie viele Kalorien die Patientin zu sich nehmen muss, um eine ihr angenehme Aktivität durchführen zu dürfen. Vereinbarungen dieser Art sind natürlich am wirkungsvollsten, wenn sie von den Betroffenen mitgetragen werden und nicht als Zwang erlebt werden.
  • ....Problematische aber oft unterdrückte Empfindungen wie Selbstunsicherheit, Schamgefühle, Ängste (z.B. vor dem Erwachsenwerden, den körperlichen Veränderungen der Pubertät) werden besprochen und Möglichkeiten gesucht, diese Gedanken so umzustrukturieren, dass sie weniger belastend sind, als natürlich oder unbegründet angesehen werden.
  • ....Körpertherapeutische Maßnahmen wie Tanztherapie, Kunsttherapie oder Bewegungstherapie können eingesetzt werden, um das eigene Körperempfinden wieder aufzubauen. Die Betroffenen sollen lernen, wieder Freude und Lust am eigenen Körper zu spüren. Auch die progressive Muskelrelaxation kann hier eingesetzt werden.
  • ...Mit Hilfe von Massagen, Konfrontation mit dem Spiegelbild, Atemübungen kann der/die Betroffene angeleitet werden, sich wieder auf natürliche Weise mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen.
  • ...Ebenfalls zum Einsatz kommen Entspannungsverfahren wie das autogene Training oder Musiktherapie. Überhaupt ist es wichtig, mittels Ablenkung, geregeltem Tagesablauf und Beschäftigung zu erreichen, dass Essen nicht im Mittelpunkt des Tagesablaufs steht. Ein wesentlicher Erfolg ist erzielt, wenn Betroffene fühlen, dass es möglich ist auch ohne mit dem Essen verbundenen Tätigkeiten angenehme Empfindungen zu erleben.
  • ...Weitere Möglichkeit ist die Reizkonfrontation mit typischen Lebensmitteln. Der Betroffene wird so lange dem Lebensmittel unter Aufsicht ausgesetzt, bis er das Interesse oder Verlangen danach verliert
  • ....Gerade bei jungen Patienten ist eine Familientherapie angebracht. Hier kann die gesamte Familie in die Therapie einbezogen werden. Die Eltern sollen als Beispiel lernen, das Thema Essen nicht ausschliesslich in den Mittelpunkt zu stellen, andere familiäre Probleme besser zu verstehen und zu bewältigen. Die Abwendung vom ausschliesslichen Thema Essstörung hin zu “normalen” Themen kann entlastend wirken.
    Die systemische Familientherapie geht davon aus, das nicht der Einzelne eine psych. Störung  in sich trägt. Vielmehr entwickelt sich diese Störung durch gestörte Kommunikation mit Familie und sozialem Umfeld. In die Therapie wird daher das gesamte Umfeld, die vielfältigen Beziehungen miteinander einbezogen. Nicht nur anscheinend konfliktauslösende Personen, sondern auch Personen oder Gruppen, die positive Verhaltensänderungen bewirken könnten. Diese Personen können, müssen aber nicht unbedingt selbst an den Sitzungen teilnehmen..
                                         
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