Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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                         Symptome und Diagnose der Schizophrenie

Es könnte nun der Eindruck entstanden sein, Schizophrenie wäre leicht und eindeutig zu diagnostizieren, was aber leider nicht der Fall ist.
Schizophrene Erkrankungen bieten ein buntes und sehr uneinheitliches Erscheinungsbild.
Und nicht jeder Betroffene zeigt Symptome in so starker Ausprägung, dass die Umwelt ihn als krank bezeichnen würde.
Bei Jugendlichen z.B. können Symptome als pubertäre Persönlichkeitsveränderung bewertet werden, nach dem Motto: “In der Pubertät sind Kinder nunmal so, das wird schon.
Umgekehrt können aber “Reifungsschübe” sehr wohl zu gravierenden Persönlichkeitsveränderungen führen, die Diagnose Schizophrenie ist daher bei Jugendlichen und vor allem Kindern mit aller Vorsicht zu stellen.

Es gibt keine eindeutigen, bestimmenden Symptome der Schizophrenie, wohl aber charakteristische, typische Symptombereiche, die in ihrer Gesamtheit eine Diagnose erlauben.
Man unterscheidet hierbei in:

..positive Symptome: neu hinzukommende Symptome wie Wahn, Erregtheit, bizarres(Plusympotomatik)             Verhalten, Denkzerfahrenheit

..negative Symptome: Herabsetzung, Verschlechterung des Normalzustandes wie Antriebsmangel, (Minussymptomatik)          Sprachverarmung, Aktivitätsverlust, Gefühlsverarmung

..katatone Symptome
psychomotorische Störungen, Bewegungsstereotypien, Erstarrungen, motorische Unruhe, Negativismus, Befehlsautomatismen, bizarre Körperhaltungen
Diese Form ist eher selten, ist aber wegen ihrer starken körperlichen Symptome im Einzelfall für den Patienten sogar lebensbedrohlich.In diesen Fällen wird oftmals das Mittel der Elektrokrampftherapie eingesetzt.

Die folgenden Symptome sind mehr oder weniger charakteristisch für eine Schizophrenie, können aber auch einzeln oder als Teil einer anderen Erkrankung auftreten. Auch treten bei einer Erkrankung nicht alle Symptome gleichzeitig auf, die Symptome können sich auch im Verlauf ändern.
Erst aus der Gesamtheit der Symptome können Schlüsse abgeleitet werden.

Prodromalphase (Frühsymptome vor Manifestation der Krankheit)
       Vor Ausbruch der Psychose beobachtet man häufig folgende Störungen:

- vegetative ..:Schlafstörungen, Gewichtsschwankungen, Störungen der Speichel oder                       Schweissdrüsensekretion, Pulsfrequenzänderungen, Unruhe,Magen/Darmbeschwerden
- sozialer Rückzug: Viele der Betroffenen sind sozial isoliert, introvertiert, suchen keine Gesellschaft,  gelten als kontaktscheu ,
- affektive ....: manchmal scheu und leicht kränkbar, unnahbar, streitsüchtig oder nicht mehr              fähig,Konflikte in angemessener Art zu lösen. reizbar.Interessenverlust,                                             mangelnde Begeisterungsfähigkeit, depressive Züge
- sonstige.......:sinnlose,unverständliche Verhaltensweisen, generelles Misstrauen, kurzfristige
Wahnvorstellungen-Halluzinationen,Entfremdungserlebnisse (z.B.während einer Autofahrt nicht mehr die eigentlich bekannte Umgebung erkennen)
Denk-,Sprach- und Konzentrationsstörungen,verminderte Belastbarkeit, Konzentrations- Merkstörungen,Vernachlässigung der Körperhygiene, Selbstversunkenheit

All dies kann auf eine schleichend beginnende Erkrankung hinweisen, gerade bei Jugendlichen, wie schon gesagt, können Symptome diese Art aber auch als Begleiterscheinung von “Reifungsprozessen” auftreten.
Da diese Prodrome meist uncharakteristisch oder gering ausgeprägt sind, werden sie häufig nicht erkannt.
Sie können nur vorübergehend bestehen (sog. Vorposten-Syndrome, im Durchschnitt 5 Monate) oder nach Monaten oder auch mehreren Jahren in eine manifeste Schizophrenie übergehen.
Letzteres geschieht schleichend oder aber -und dies ist häufiger der Fall- akut. Dies kann durch plötzlichen Leistungsabfall mit Verlust der Interessen und ungewöhnlichem Verhalten angezeigt werden. Fast über Nacht sind wesentliche Verhaltensänderungen zu erkennen.
Bei all dem sind die Klarheit des Bewusstseins und die intellektuellen Fähigkeiten in der Regel (vorerst) nicht wesentlich beeinträchtigt, auch nicht bei einer späteren manifesten Phase. Im Laufe der Erkrankung können sich dann aber kognitive Defizite entwickeln.

manifeste (floride) Phase: grundlegende Symptome nach ICD10

  • 1) Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug, Gedankenausbreitung
    ( Beeinflussung von aussen, keine gedankliche Privatsphäre mehr)
  • 2) Kontrollwahn,Beeinflussungswahn,Gefühl des Gemachten (Körper- oder          Gliederbewegungen,Tätigkeiten, Empfindungen,bestimmteGedanken) Wahnwahrnehmungen
  • 3) kommentierende oder dialogische Stimmen, die über den Patienten und sein Verhalten sprechen, oder Stimmen aus einem Teil des Körpers
  • 4) anhaltender, kulturell unangemessener , unrealistischer(bizarrer) Wahn, (z.B. eine religiöse Persönlichkeit zu sein), übermenschliche Kräfte, Fähigkeiten zu besitzen(Wettergott sein).
  • 5) anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität, begleitet von flüchtigen oder          undeutlichenWahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung oder begleitet von anhaltenden,überwertigen Ideen.
  • 6) Gedankenabreissen,Störungen des Gedankenflusses, was zu Zerfahrenheit, Danebenreden und Neologismus (Wortneubildungen) führt.
  • 7) Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit (der       Körper verharrt wie Wachs in der ihm gegebenen Form),Negativismus (alles verneinen,nicht tun) ,  Mutismus, Stupor (Bewegungslosigkeit)
  • 8) negative Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate  Affekte, meist mit sozialem Rückzug und verminderter sozialer Leistungsfähigkeit.
    (nicht durch Depression oder Medikamente verursacht)
  • 9) eindeutige und durchgängige Veränderung des Verhaltens der Person, die sich in Ziellosigkeit, Trägheit, einer in sich selbst verlorenen Haltung und sozialem Rückzug manifestiert.
  • Für die Diagnose Schizophrenie müssen mindestens
    ein eindeutiges (bzw.2 oder mehr wenn weniger eindeutig) Symptom der Gruppen 1-4 
    oder 2 Symptome der Gruppen 5 - 8 vorliegen
    und zwar über mindestens einen Zeitraum von einem Monat.  
  • Punkt 9 bezieht sich auf die seltene Form der Schizophrenia simplex und muss als Zeitkriterium  eine Dauer von mindestens 1 Jahr haben. Sie zeichnet sich vor allem die negative Symptomatik aus. Für die Praxis hat diese Erkrankung eine untergeordnete Bedeutung, sie soll gem. ICD 10 auch  nur in Ausnahmefällen diagnostiziert werden.

Bei ausgeprägten zuerst aufgetretenen depressiven oder manischen Symptomen soll die Diagnose Schizophrenie nicht gestellt werden.
Treten schizophrene und affektive Symptome(siehe Depression) gleichzeitig auf, ist eine schizoaffektive Störung zu diagnostizieren.

Verlauf der Schiziphrenie:

Wie sich aus obigen Ausführungen schon ergibt, kann das Vollbild der Schizophrenie sich schleichend aus den Prodromalerscheinungen entwickeln, aber auch akut auftreten.
Die akute Manifestation kann Wochen oder Monate dauern und kann in eine chronische Form übergehen. Dabei sind es überwiegend die Negativsymptome, die einen chronischen Verlauf nehmen können, man spricht hierbei von Residualtypen. Dabei steht vor allem eine Persönlichkeitsveränderung im Vordergrund mit folgenden Kennzeichen:
Leistungsschwäche, hypochondrische Anfälligkeit, depressive Verstimmungen, affektive Verarmung, Antriebs- und Interessenverlust, Vernachlässigung der Körperpflege etc.

Ansonsten kann der Verlauf sehr unterschiedlich sein. Bleuler unterscheidet z.B. mehr als
10 verschiedene Verlaufstypen.
Die Symptome der Schizophrenie können sich in Schüben oder gleichmässig verstärken, phasenhafte Verläufe mit zwischenzeitlicher völliger Gesundung oder Teilremission sind möglich sowie anhaltende Symptome ohne Veränderung.

Oft ist es der Fall, dass nach Abklingen der Positiven Symptome durch die medikamentöse Behandlung die Negativsymptomatik verstärkt in den Vordergrund tritt. Zwar treten keine Fremdbeeinflussungs- oder Wahnvorstellungen mehr auf, der Patient ist aber antriebs/interesselos.

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