Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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                           Depression, die unterschätzte Kranheit

Depressive Störungen gehören zu den häufigsten und am meisten unterschätzten Krankheiten.
Die Depression ist eine der grössten Volkskrankheiten. Schätzungsweise 5% der deutschen Bevölkerung (ca.4MIO) leiden an behandlungsbedürftigen Depressionen. Zwischen 8-20% der Bevölkerung erkranken daran im Laufe ihres Lebens. Dabei sind nach neuerer Auffassung nicht nur Erwachsene, sondern auch bereits Kinder betroffen. Offiziell gelten Frauen als stärker betroffen wie Männer, wobei dies aber auch darin vermutet wird, dass Frauen eher bereit sind, eine Depression als Erkrankung zu akzeptieren und sich diesbezüglich behandeln zu lassen.
Beachtenswert ist, dass ca. 50% der Erkrankten keinen Arzt konsultieren und ebenfalls ca. 50% der Erkrankungen vom Allgemeinarzt nicht erkannt werden. Viele Erkrankte schämen sich oder fühlen sich zu hoffnungs-/kraftlos, zum Arzt zu gehen. Oft ist es schwer, eine Depression zu diagnostizieren, da körperliche Beschwerden in den Vordergrund gestellt werden. Rückenschmerzen, Schlafstörungen, sexuelle Störungen oder Kopfschmerzen können so unter anderem die äußeren Anzeichen für eine tieferliegende schwerwiegendere Erkrankung sein.

Sonderfall: Männer in der Depression:
Gerade viele Männer wollen sich nicht “outen” in unserer erfolgsorientierten Gesellschaft. Depressiv sein heißt psychisch krank sein, ein Versager, ein Mensch am Rand der Gesellschaft. Kein Vorbild für seine Kinder.
Vor allem aber kein Mann, wie ihn unsere Leistungsgesellschaft fordert. So zumindest sieht es mancher Betroffene und versteckt seine Krankheit hinter einer Maske. Auch wenn er selber die nachfolgenden typischen Symptome einer Depression an sich erkennt, tritt er im Einzelfall nach Außen ganz anders auf. Baut eine künstliche emotionale Schutzhülle um sich auf.
Mit typisch männlichem und übersteigertem Verhalten überspielt er seine inneren Versagensängste. Nach außen wirkt er dann weder niedergeschlagen noch traurig. Er riskiert mehr, ist aktiver, trinkt vielleicht auch mehr und neigt zu riskantem Verhalten. Hinzu kommen oft Misstrauen, Aggressivität oder Schuldzuweisungen an andere. Eben genau im Gegensatz zu den Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen, die er insgeheim sich selbst gegenüber hat. Er spielt das Ausmaß seiner Erkrankung auch innerhalb der Familie und seinem Arzt gegenüber herunter. Doch gerade der Druck, nach außen die typisch männliche Rolle zu spielen, verstärkt den inneren Druck und das Leiden. In diesen Fällen ist es sehr schwer, die Depression bzw. ihre Ausprägung diagnostisch zu erfassen.
Deswegen wird gerade bei Männern von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter Depressionen ausgegangen.

Siehe auch Kinder und Depression
 

Depression und Suizid
Gleichzeitig ist das Suizidrisiko in dieser Gruppe psych. Erkrankungen überproportional hoch. Etwa 15% der Patienten mit schweren Depressionen begehen Suizid. Etwa die Hälfte haben in Ihrem Leben bereits Suizidversuche unternommen. Die Dunkelziffer nicht eingerechnet, liegt die gesamte Zahl der Suizide in Deutschland bei etwa jährl. 10000 (2008 offiziell 9331), wobei die Depression unter den Krankheiten mit suizidalem Risiko den grössten Anteil stellt. Gerade bei Jugendlichen ist der Suizid eine der häufigsten Todesursachen.

Auch die Kosten für Wirtschaft und Gesundheitswesen sind enorm. Die Schätzungen der Ausfalltage für die Wirtschaft pro Jahr betragen über 10 Millionen. Inzwischen (2009) geht man incl. der Einrechnung von Frühverrentungen von Beträgen in Milliardenhöhe aus.
Nach einer Studie der Deutschen Angestelltenkasse im Jahre 2004  sind seelische Probleme wie Depressionen die vierthäufigste Ursache für Fehltage. Zwar ist die Zahl der Krankentage insgesamt 2004/2005 rückgängig, die Zahl der Krankentage durch psych. Belastung aber stieg von 2000 bis 2004 um über 40%. Diese Tendenz setzt sich weiterhin fort. Gründe hierfür werden vor allem in der Arbeitsplatzunsicherheit gesehen. Auch “Mobbing” am Arbeitsplatz ist in diesem Bereich eine zunehmende Belastung.
Und im größeren Rahmen dürfte natürlich die gesamtgesellschaftliche Entwicklung (weniger Halt in Familie und Religion, stärkerer Leistungsdruck, veränderte Lebensgewohnheiten, etc...) eine entscheidende Rolle spielen.

Hierbei muss klar abgegrenzt werden zwischen der Depression im allgemeinen Sprachgebrauch und der Depression im klinischen Sinne. Jeder Mensch unterliegt Stimmungsschwankungen und kennt die Tage, an denen es draussen genauso trüb und regnerisch ist wie in einem selbst. Man fühlt sich deprimiert/ depressiv. Doch man weiss, dass auch wieder bessere Tage kommen, kann sein Leben normal bewältigen und hat Hoffnungen und Ziele, die düstere Stimmung ist nicht chronisch.
Die Depression im klinischen Sinne aber ist eine schwere Krankheit, die der Betroffene nicht mehr alleine bewältigen kann. 

Man unterscheidet hierbei noch mal zwischen bipolaren und unipolaren Depressionen.
Bei der unipolaren erlebt der Patient ausschliesslich depressive Phasen, sie ist mit ca.65% die häufigste affektive Störung.
Bei der bipolaren wechseln sich depressive und manische -Phasen der Euphorie und des gesteigerten Antriebs ab.  ca. 30%. Nur etwa 5% der affektiven Störungen sind Manien, bei denen der Patient Phasen gehobener, selbstüberschätzender Stimmung erlebt und oft den Sinn für die Wirklichkeit verliert.

Diagnose:

gem.ICD 10 liegt eine “depressive Episode” vor, wenn mindestens 2 Merkmale der
Tabelle 1
-und zusätzlich 2 (leichte depressive Episode)
-oder 3-4 Merkmale(mittelgradige) der Tabelle 2 vorliegen.
Bei der schweren depressiven Episode sind alle Merkmale der Tab.1 und mindesten 4 Merkmale der Tab.2 , möglichst einige besonders ausgeprägt, vorhanden.
Die Mindestdauer der Episode sollte 2 Wochen betragen

depressive Stimmung

Verlust von Interesse oder Freude

erhöhte Ermüdbarkeit

  Tab 1

 

verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit

negative und pessimistische Zukunftsperspektiven

Suizidgedanken,erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen

Schlafstörungen

verminderter Appetit

 

 Tab.2

 

 

 


Gefühlte Gefühllosigkeit. Leitymptome der Depression...

....sind depressive Verstimmung, Hemmung von Antrieb und Denken sowie Schlafstörungen. Die Stimmung kann von leicht gedrückt bis schwermütig, versteinert reichen.(Nichts mehr fühlen können)

DepressionAntrieb und Denken sind gehemmt, die Kranken sind initiativlos, können sich nur schwer oder gar nicht entscheiden.
Einfallsarmut, Konzentrationsstörungen und häufiges Grübeln prägen das Denken. Vielen Erkrankten fällt es schwer, sich auf etwas zu konzentrieren, Ihre Gedanken kreisen um wenige, sich immer wiederholende Themen, ohne zu einen Ergebnis zu kommen.
Entscheidungen können kaum noch oder nur nach endlosem Abwägen getroffen werden.
Schon äusserlich lassen sich oft schon Veränderungen feststellen. Mimik und Gestik sind leblos, eingeschränkt, das Gesicht wirkt versteinert, die Augen ausdruckslos, leblos.
Auch Schlafstörungen können wesentliches Symptom einer Depression sein.
Viele Erkrankte können nicht einschlafen, liegen trotz Müdigkeit lange wach bzw. wachen bereits in den frühen Morgenstunden wieder auf. Schätzungsweise bis zu 90% der Erkrankten sind davon betroffen.
Das sogenannte “Morgentief” ist sehr typisches Symptom.
In einigen Fällen haben Depressive ein erhöhtes Schlafbedürfnis und schlafen auch länger, ohne sich jedoch anschliessend erholt zu fühlen. Der Depressive sieht sich und seine Umwelt negativ, oft ist ein sozialer Rückzug zu beobachten.
Die Schuld an allem sieht er in sich selbst, die Zukunft sieht er düster, ohne Chance auf Besserung. Die Schuld ist ein weiteres wesentlicher Faktor im Leben des Erkrankten. Er sieht nicht die Krankheit, sondern sein eigenes Unvermögen als Ursache seiner Probleme.
Im Gegensatz zu Menschen, die “nur” traurig sind, lässt sich der Depressive nicht von seinen  Empfindungen ablenken. Auch im Freundeskreis -in ausgelassener Umgebung- kann er von seiner negativen Grundeinstellung nicht ablassen. Im Gegenteil: er fühlt sich unwohl, überfordert und in seinen Schuldgefühlen bestärkt.
Depressionen können ansteckend wirken. Es ist mehr als nur eine Traurigkeit, es ist eine grundsätzlich negative Lebenseinstellung, die sich über den gesamten Geist und Körper ausbreitet und auch das Umfeld anstecken kann. Dabei ist es oft noch nicht einmal das Gefühl von Trauer oder Niedergeschlagenheit, sondern weitergehend das Fehlen jeglicher Empfindungen, eine innere bedrückende Leere, welche die Situation so unerträglich macht.

Bei der agitierten Depression sind ängstliche Getriebenheit, Jammern, hektisches Verhalten- das aber unproduktiv ist- und Bewegungsunruhe zu beobachten. 

Bei der lavierten Depression stehen somatische(körperliche) Beschwerden im Vordergrund, wodurch eine Diagnose erschwert werden kann.
Psychosomatische Symptome können z.B. sein:

Kopfschmerzen, Schwindel, Mundtrockenheit, Schweissneigung

Rückenschmerzen

Atembeschwerden, Engegefühl

Herzbeschwerden: Gefühl des Eingeschnürtseins, Herzrasen/.stolpern

Appetitmangel, Magen/ Darmkrämpfe, Verstopfung, Durchfall, Übelkeit

Bauchschmerzen, Reizblase

Gewichtsverlust,häufig mehr als 5% im vergangenen Monat

Libidoverlust

 

 

 



Häufig ist die Depression von Ängsten begleitet, Angst vor der Zukunft, unheilbar erkrankt zu sein oder Angst um Familienangehörige. Meistens sind die Ängste unbestimmt, es handelt sich vielfach um generalisierte Ängste,  ein dauerhaftes Gefühl der Sorge.
Auch umgekehrt leiden Angstpatienten häufiger unter Depressionen  als der Durchschnitt -als Folge ihrer ständigen Ängste, vielleicht auch, weil beide Störungen ähnliche biologische Ursachen haben
(wie z.B. Störungen im Kortisol-, Serotoninhaushalt).
Da  Antidepressiva auch bei bestimmten Angststörungen( wie z.B. Panikstörungen) wirksam sein können, werden neuerdings z.T. auch Angststörungen zu den affektiven Psychosen gezählt.

Auch Wahnideen (Verarmungs,Schuldwahn,..) und Halluzinationen (anklagende Stimmen)
 können auftreten.

möglicher Verlauf einer Depression:

Depressive Phasen können schleichend, aber auch plötzlich beginnen.
Eine Besonderheit der Depression stellt ihr Auftreten in Episoden/Phasen dar.
Etwa 25-30% der Depressionen sind als einmalig anzusehen.
Der grössere Teil der Erkrankungen verläuft in Phasen. Bei unipolaren Erkrankungen rechnet man  im Mittel mit 4, bei bipolaren mit 6 Episoden innerhalb eines Lebens.
Zwischen den Intervallen kommt es in der Regel zu einer Vollremission (Wiedergesundung) des Erkrankten.

Unbehandelt liegt die Dauer der Phasen zwischen 4 - 12 Monaten, bis zum Beginn der nächsten Phase vergehen in der Regel wieder 3-4 Jahre.
 Im höheren Lebensalter dauern die depressiven Phasen länger und es wächst die Gefahr für den Patienten, chronisch zu erkranken.

Leidet der Patient an leichteren Symptomen über einen längeren Zeitraum (mindestens 2Jahre), spricht man von einer Dysthymie. Der Erkrankte leidet an einer dauerhaften Herabgestimmtheit, kann jedoch meistens ein weitgehend normales Leben führen und auch am Arbeitsleben teilnehmen.

Wechseln sich dauerhaft Phasen leichter Depression und leicht gehobener Stimmung ab, nennt man dies Zyklothymia. Auch hier kann der Betroffene in vielen Fällen ein weitgehend normales Leben führen, ist in den Phasen leicht gehobener Stimmung sogar ausgesprochen kreativ und lebensfroh, um dann aber wieder in ein tiefes Loch zu fallen.

Erstes Anzeichen für eine Besserung ist i.d.R. eine Normalisierung des Schlafes.

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